Orkan "Kyrill" - Feuerwehr Burgaltendorf im Dauereinsatz

Eine Woche nachdem der Orkan "Kyrill" Mitteleuropa überquert hat, steht fest, dass Deutschland neben den Benelux-Staaten, Großbritannien, Österreich, Polen und Tschechien am stärksten betroffen war. Schätzungen des Rückversicherers Münchener Rück gehen von einem versicherten Schaden von über fünf Milliarden Euro aus!
Auch das Gebiet der Stadt Essen wurde am Donnerstag, 18.Januar 2007 mit voller Wucht von den den ersten eintreffenden Vorläufern getroffen. Bis hin zum Sonntag, 21.Januar 2007, als die letzten Nachläufer des Orkans die Region überquerten waren die Essener Hilfskräfte, allen voran die Feuerwehr, fast pausenlos im Einsatz.

Erste Einsätze in Burgaltendorf gegen halb drei nachmittags

Auch wir als Freiwillige Feuerwehr Essen-Burgaltendorf wurden gegen halb drei am Donnerstag nachmittag in das Einsatzgeschehen eingebunden. Dabei waren es zunächst einzelne Einsätze, die noch als eine taktische Einheit gefahren wurden. Jedoch bereits zwei Stunden später war der Andrang von hilfesuchenden Bürgern in der Feuerwehr-Leitstelle so groß geworden, dass wir uns in drei voneinander autark agierenden, taktische Einheiten aufspalteten. Löschgruppenfahrzeug(LF), Tanklöschfahrzeug(TLF) sowie eine Kombination von Schlauchwagen(SW) und Mannschaftstransportwagen(MTW) wurden ab da getrennt zu den einzelnen Einsatzstellen angefordert.

Verkehr kommt zum Erliegen

Es kam nun zunehmend zu umfangreicheren Einsätzen. Einer davon ein Waldgebiet an der Worringstraße, aus dem mehrere Bäume in eine stromführende Freileitung gefallen waren. Hier waren die Besatzungen von TLF, SW und MTW nahezu zwei Stunden gebunden, bevor dort wieder zumindest zeitweise eine Durchfahrt möglich war. Überhaupt schien es problematisch, Burgaltendorf an diesem Abend überhaupt verlassen zu können - zum Zeitpunkt des Einsatzes an der Worringstraße waren nahezu alle Ausfallstraßen in Richtung der anderen Essener Stadtteile, aber auch nach Bochum oder Hattingen durch umgestürzte Bäume blockiert.
Ein Streifenwagen der Polizei der an der Einsatzstelle Worringstraße vor Ort vor, wurde zu einem neuen Einsatz an der Wuppertaler Straße angefordert, bei dem der Fahrer eines Pkw in seinem Fahrzeug eingeklemmt worden war. Nachdem die Funkstreife uns in Richtung Holteyer Straße verlassen hatte, stand die Besatzung kurze Zeit wieder bei uns und berichtete uns, daß sowohl Holteyer Straße als auch Charlottenberg nicht mehr passierbar seien. Immerhin hatten wir die Worringstraße inzwischen soweit wieder frei, daß nun hier der Weg zum Einsatz frei war.

Eingeklemmte Person auf der Wuppertaler Straße - 18:00 Uhr

Zeitgleich zur Polizei wurde auch unser LF zu dem Einsatz mit der eingeklemmten Person auf der Wuppertaler Straße alarmiert. Nachdem sich die Einsatzszenarien zunächst auf bereits umgestürzte Bäume, die Verkehrswege versperrten, beschränkt hatten, bot sich hier vor Ort ein erschreckendes Bild: ein große Buche war auf der Wuppertaler Straße in Fahrrichtung Velbert auf einen fahrenden Pkw gefallen. Das Dach des Fahrzeugs war auf Höhe des Fahrers beinahe komplett eingedrückt worden. Nur mit schwerem hydraulischem Rettungsgerät gelang es, den Fahrer schwerverletzt aus seinem Fahrzeug zu retten.

Anzahl der Notrufe übersteigt Leitstellen-Computer

Spätestens gegen 18:45 Uhr hatte sich die Situation aufs äußerste verschärft. Nun gab es bereits mehr als 300 Notrufe über Gefahrenlagen durch umgestürzte oder schief geneigte Bäume, lose Teile von Dachkonstruktionen oder umherfliegende Gegenständen in Verkehrsbereichen.

 

Gegen 21.15 Uhr hatte sich die Anzahl der Notrufe auf offizielle 539 erhöht. Ungezählt bleiben bis jetzt die Einsatzstellen, die entstanden, wenn Einsatzfahrzeuge auf ihrem Weg zum Einsatz durch querliegende Bäume gestoppt und die Besatzungen zunächst dort tätig wurden, um anschließend zum eigentlichen Ort weiterfahren zu können. So wurde unser TLF bereits gegen 19 Uhr zu einem umgestürtzen Baum in Überruhr-Hinsel alarmiert, welcher aber erst zwei Stunden später erreicht werden konnte, weil zuvor auf der Anfahrt von Burgaltendorf aus kein Durchkommen war.

Die Leitstelle wurde über solche Zwischenfälle in Kenntnis gesetzt und versuchte zu koordinieren was noch möglich war in dieser Extremsituation für Mensch und Technik: inzwischen häuften sich die offenen Notrufe und irgendwann versagte selbst der Einsatzleitrechner für einen kurzen Moment vollständig seinen Dienst. Dennoch gelang es den Kollegen weiterhin die Notrufe nach Grad der Gefahr zu priorisieren und dementsprechend Kräfte zu entsenden. Berufsfeuerwehr, alle Löschzüge und -gruppen der Freiwilligen Feuerwehr sowie das Technische Hilfswerk waren nun vollständig in Einsätzen gebunden.

Mitternacht: weiterhin alle Kräfte im Einsatz

Gegen Mitternacht beruhigte sich die Wettersituation etwas. Auch versuchten viele Menschen trotz des unruhigen Abends ein paar Stunden Schlaf zu finden. Die Anzahl der Notrufe in der Leitstelle ging zurück, so daß damit begonnen werden konnte, die lange Liste von offenen Anfragen abzuarbeiten. Insbesondere für Einsätze bei denen eine Drehleiter notwendig war, gab es eine lange Liste. Wir waren inzwischen mit unseren drei Einheiten in die Bereiche um Werden, Rüttenscheid und der Ruhrhalbinsel verstreut worden.
Je früher der Morgen wurde, umso häufiger wurden wir zu Einsatzstellen geschickt, die bereits zuvor von anderen Kräften angefahren und abgearbeitet worden waren. Bei dieser Vielzahl von vorliegenden Notrufen läßt sich hier sicher den Personen in der Leitstelle kein Vorwurf machen. Nicht immer war die Angabe der Andresse eindeutig, beispielsweise wenn es sich um Straßenecken handelte, mal war es eine verdrehte Hausnummer und letztlich einfach die Menge der Anrufe, die irgendwann einfach das menschlich Machbare überschreitet.

Gegen fünf Uhr erstes Einsatzende

Nach fast dreizehn Stunden durchgehendem Einsatz neigten sich die Kräfte aller unserer Kameraden doch so langsam gegen Ende. Wir wurden nach und nach mit unseren Fahrzeugen aus den Einsätzen entbunden. Andere Kräfte, die zuvor eine Pause eingelegt hatten, kamen wieder neu ins Geschehen. Ein letzter Einsatz auf der Rückfahrt vom Betanken der Einsatzfahrzeuge, dann war auch die letzte Gruppe um sechs Uhr endlich wieder im Gerätehaus.
Rücksprache mit der Leitstelle ergab, daß nun für uns zunächst eine Pause von sechs bis acht Stunden vorgesehen war was die Orkan-Einsätze anging, lediglich für unmittelbar neu eintretende Ereignisse würde man uns im Fall der Fälle hinzu alarmieren.